Im Blog des Herrn Buddenbohm entstand die schöne Idee „Hamburger beschreiben ihren Stadtteil“. Und diese Idee pflanzt sich wunderbarerweise fort.

Inzwischen kamen Karlsruhe, das Ruhrgebiet und ganz andere Städte hinzu. Die Seiten wachsen täglich und wenn jemand einen Umzug innerhalb Hamburgs (oder von Hamburg nach Karlsruhe, warum auch immer) plant, lohnt sich die Lektüre ganz bestimmt.
Weil sich nicht alles richtig einsortieren lässt, gibt es bei Isabel Bogdan nun eine weitere Rubrik, schlicht benannt mit „Der Rest der Welt“ – und dort findet sich auch Helgoland wieder.
In diesem Helgoland-Beitrag sind so viele schöne Sätze, dass ich nur zustimmen kann. (Obwohl „sie“ mich ja oft lieber in Hamburg arbeiten lassen und meine Insel-Besuche in diesem Jahr sehr selten waren, leider.)
Einzig der von Isa beschriebene Punkt der „hässlichen Architektur“ lässt mir keine Ruhe, so dass ich dem hier eine Antwort des Helgoländers D. Rickmers entgegen setzen möchte. Der Text hängt so in einem Hotel auf der Insel und ich füge ihn unten ein. Klar darf und soll jeder hässlich finden, was ihm nicht gefällt – aber diese Erklärung begründet vielleicht mildernde Umstände im Urteil.
Nachtrag 19.11.2012, 18.45 Uhr: Isa mag die Helgoland-Architektur, kommentierte sie gerade. Asche auf mein Haupt. (Berge von.) Beim nochmaligen Lesen sehe ich es auch: Allein die vielen Beton-Wände, dem Küstenschutz geschuldet, stören das Auge der Betrachterin. Hierzu fehlen mir leider auch die Antworten, warum das so offensiv hässlich sein muss. Vielleicht kann jemand anderer etwas dazu sagen?
(Außerdem wollte ich noch den Hamburger Stadtteil „Moorburg“ in der Zeit vor dem Kohlekraftwerkbau für diese Reihe beschreiben – aber das ist eine andere Geschichte. Vielleicht komme ich ab Donnerstag dazu.)
„Der Wiederaufbau Helgolands
Die vollständige Zerstörung Helgolands im zweiten Weltkrieg vernichtete nicht nur die bestehende Architektur sondern veränderte auch die Topographie.
Somit fehlten für die Planungen des Wiederaufbaus der Insel zunächst jegliche Bezugspunkte. Man stand vor der vielleicht einmaligen Gelegenheit, einen historisch über lange Zeit gewachsenen Ort von Grund auf neu erfinden zu können. Im Jahr 1952 entstand ein Ideen-Wettbewerb für die Neu-Bebauung Helgolands und mehr als 300 Ent würfe mussten gesichtet – und bewertet werden.
Die Spannweite der Ideen reichte vom Nachbau der gesprengten Felsstrukturen in Stahl-Glas-Konstruktion eines Hans Scharoun bis zur Rekonstruktion der alten Insel-Architektur.
Sehr schnell kristallisierte sich heraus, dass der Charakter des alten, eng und kleinteilig gebauten Fischerortes erhalten bleiben sollte. Diese Vorgabe resultierte nicht zuletzt aus dem Zuschnitt des verbliebenen Grundeigentums. Zur Umsetzung schufen die beteiligten Behörden die technische Kommission, als deren Leiter der Präsident des Bundes Deutscher Architekten, Otto Bartning eingesetzt wurde.
Aus einem längeren Insel-Aufenthalt in der Vorkriegszeit brachte Otto Bartning umfangreiche Kenntnisse des alten Helgoland mit ein. Er gehörte zum Vorstand des Deutschen Werkbundes und zusammen mit Walter Gropius zu den Begründern der Bauhaus-Idee, deren Programm er weitgehend formulierte. Unter der Gesamtleitung von Otto Bartning entstanden zum Beispiel Entwürfe für das Aquarium und die Biologische Anstalt von Gustav Hassenpflug, der unter anderem für Marcel Breuer und Walter Gropius arbeitete. Das Ensemble Rathaus und Kurhaus sowie weitere Bauten entstanden nach Entwürfen von Prof. Friedrich Spengelin.
Helgoland ist sicherlich keine klassische Bauhaus-Siedlung, aber die Philosophie und die Wurzeln des Bauhaus lassen sich deutlich ablesen. Da ist zum einen die Idee des gleichberechtigten, auch egalitären Wohnens, das auf Helgoland durch „Sonneneinstrahlung und Seesicht für alle“ umzusetzen versucht wurde. Zum anderen zeigt die Bebauung den ganzheitlichen Ansatz mit puristischer Reduktion auf die Funktionalität, Betonung auf geraden Linien und glatten, schlanken Formen.
Die Architektur Helgolands entspricht am ehesten der nordischen Einfachheit. Es ging schon damals darum, dem Menschen ebenso gerecht zu werden, wie der Natur. Wohnhäuser zu schaffen, die dem Einzelnen Raum zu seiner Entfaltung geben, ohne zur Belastung zu werden, weder für die Bewohner selbst noch für ihre Nachbarn, weder für das ästhetische Empfinden noch für das ökologische Gleichgewicht. Der Schlüssel dazu ist Einfachheit, Reduktion und Effizienz in Verbindung mit Bequemlichkeit und Ästhetik.
Der Landeskonservator Schleswig-Holsteins, Dr. Johannes Habich, würdigte die Gesamtleistung des Wiederaufbaus 1993 mit folgenden Worten: „Helgoland ist die blaue Mauritius der jungen bundesrepublikanischen Architektur.“


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